Die Rezeption des Zweiten Vatikanums in Italien

Die vorliegende Studie untersucht die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils in Italien und zeichnet dessen Auswirkungen auf kirchliche Strukturen, den theologischen Diskurs und die pastorale Praxis von seinem Abschluss bis in die Gegenwart unter dem Pontifikat von Papst Franziskus nach. Auf der Grundlage neu zugänglicher Archivdokumente und der neuesten wissenschaftlichen Forschung bietet diese Arbeit eine beispiellos detaillierte Rekonstruktion der komplexen Dynamiken der Konzilsrezeption im italienischen Kontext. Die Anfangsphase (1965–1978) war von dem Anliegen getragen, die Konzilsreformen, insbesondere in Liturgie und Katechese, umzusetzen. Die liturgische Erneuerung, inspiriert von Sacrosanctum Concilium, stieß innerhalb der Kurie und konservativerer Kreise auf Widerstand, während die Ausarbeitung des nachkonziliaren Katechismus (Catechismo per la vita cristiana, 1970) die Herausforderung annahm, die konziliare Ekklesiologie in eine für Laien zugängliche Form zu übersetzen. Die 1980er und 1990er Jahre waren von Spannungen zwischen progressiven und konservativen Interpretationen des Zweiten Vatikanums geprägt. Die Wahl Johannes Pauls II. markierte eine Wende hin zu einer betont katholischen Identität, die der doktrinalen Kontinuität Vorrang vor Innovationen einräumte. Theologische Debatten dieser Zeit, insbesondere über die Liturgiereform und die Katechese, machten den zunehmenden Einfluss des Vatikans auf die Italienische Bischofskonferenz (CEI) sichtbar. Die Außerordentliche Bischofssynode von 1985 bekräftigte die Hermeneutik der Kontinuität und betonte, dass das Konzil im Einklang mit der Tradition der Kirche stehe, anstatt einen Bruch mit ihr zu markieren. Ab den 2000er Jahren durchlief die italienische Kirche weitere Transformationsprozesse, die von den Pontifikaten Benedikts XVI. und Franziskus geprägt wurden. Während Benedikt XVI. die doktrinale Klarheit betonte und eine Hermeneutik der Reform in Kontinuität förderte, legte Franziskus verstärkten Fokus auf pastorales Engagement, soziale Gerechtigkeit, Synodalität und Dialog. Diese Ansätze sind nicht als Bruch zu verstehen, sondern als unterschiedliche, jedoch eng miteinander verknüpfte Dimensionen des Erbes des Zweiten Vatikanischen Konzils, die auf sich wandelnde historische und kirchliche Kontexte reagieren. Die Rezeption des Konzils ist weiterhin ein dynamischer Prozess, begleitet von anhaltenden Debatten über die Rolle der Laien, den Klerikalismus und die praktische Umsetzung der Konzilsprinzipien in einer sich rapide verändernden Welt. Die vorliegende Studie bietet eine umfassende Analyse dieser Entwicklungen und wirft neues Licht auf die historische und theologische Entwicklung der Konzilsrezeption in der italienischen Kirche, während sie ihr Erbe im Kontext des gegenwärtigen globalen Katholizismus verortet. This study examines the reception of the Second Vatican Council in Italy, tracing its impact on ecclesiastical structures, theological discourse, and pastoral practice from the Council's conclusion to the present day, under the pontificate of Pope Francis. Drawing on newly available archival documentation and cutting-edge scholarly research, this work offers an unprecedentedly detailed reconstruction of the complex dynamics of conciliar reception within the Italian context. The initial phase (1965–1978) saw fervent attempts to implement conciliar reforms, particularly in liturgy and catechesis. The liturgical renewal, inspired by Sacrosanctum Concilium, encountered resistance within the Curia and among more conservative factions, while the drafting of the post-conciliar catechism (Catechismo per la vita cristiana, 1970) sought to translate conciliar ecclesiology into an accessible framework for the laity. The 1980s and 1990s were marked by tensions between progressive and conservative interpretations of Vatican II. The election of John Paul II catalyzed a shift towards a more assertive Catholic identity, prioritizing doctrinal continuity over innovation. Theological debates of the period, particularly concerning liturgical reform and catechetical instruction, revealed the Vatican’s growing influence over the Italian Episcopal Conference (CEI). The 1985 Extraordinary Synod of Bishops reinforced the hermeneutic of continuity, emphasizing the Council’s alignment with the Church’s tradition rather than a departure from it. From the 2000s onward, the Italian Church has undergone further transformations, shaped by the papacies of Benedict XVI and Francis. While Benedict XVI emphasized doctrinal clarity and promoted a hermeneutic of reform in continuity, Francis has prioritized pastoral engagement, social justice, synodality, and dialogue. These approaches, rather than representing a rupture, reflect distinct yet interconnected dimensions of Vatican II’s legacy, responding to evolving historical and ecclesial contexts. The reception of the Council remains an ongoing process, with continuing debates surrounding the role of the laity, clericalism, and the practical implementation of conciliar principles in a rapidly changing world. This study provides a comprehensive analysis of these developments, shedding new light on the historical and theological trajectory of the Italian Church’s reception of Vatican II, and situating its legacy within contemporary global Catholicism.